SG Nußloch – TSV Rot-Malsch 24:26 (10:13)
Erinnert sich jemand an den 28. April? Klar! Qualifikation für die Oberliga Baden, Austragungsort ist die Olympiahalle in Nußloch und erster Gegner des TSV die hier heimische SG. „Zum Auftakt gleich ein Krimi, und was für einer!“ ist in den Annalen zu lesen und das, obwohl die Presseabteilung der B-Jugend des inflationären Ausrufezeichen-Gebrauchs unverdächtig ist. Was war passiert? Klare Führung, dennoch Ausgleich, wieder vorne, dann plötzlich der Rückstand – und in der letzten Minute das Spiel gedreht, mit gleich zwei Siebenmetern in der Schlussminute zum glücklich-verdienten 13:12.
„Man trifft sich immer zweimal im Leben“, sagt die Redensart und vielleicht hat sich auch deshalb die SG Nußloch trotz der damaligen Niederlage ebenfalls für die Oberliga qualifiziert. Das Team spielt sogar eine sehr gute Rolle, liegt vor dem Anpfiff hinter der B-Jugend aus Rot-Malsch und dem TSV Rintheim (beide 14:0 Punkte) auf Rang drei (mit 11:3 Zählern). Sieben Monate nach dem letzten Aufeinandertreffen also ein echtes Spitzenspiel am selben Ort und die großen Erwartungen werden nicht enttäuscht: Die zahlreichen Zuschauer erleben in einer sogar auf der Tribüne hitzigen Atmosphäre einen intensiven Fight, in dem um jeden Ball gerungen wird (teils auch wortwörtlich), unnachgiebig, hart, aber letztlich fair, mit sehenswerten Spielzügen, leichten Fehlern, tollen Abschlüssen, überragenden Torhüterparaden hüben wie drüben, spannend bis in die Schlussphase und mit allerlei Wendungen, als hätten es sich die beiden Teams zum Ziel gesetzt, die Geschichte vom April noch einmal ganz ähnlich nachzuerzählen. Remake oder Reboot? Die fünfzigminütige Antwort ist nichts für schwache Nerven.
Schon die ersten Minuten verraten, dass heute keine leichte Kost geboten wird. Gäbe es einen Regisseur, wäre er definitiv Dramatiker. Ab Sekunde eins brennt der Hallenboden, hier schenkt keiner dem anderen auch nur einen Zentimeter Raum oder gar einen leichten Abschluss. Nach sechs Zeigerumdrehungen stehen zwar erst vier Tore auf der Anzeigentafel (2:2), aber auch schon eine gelbe Karte und zwei Siebenmeter, einer verwandelt, einer verworfen, im Spielbericht. Noch mal sechs Minuten später heißt es 7:7, die Treffsicherheit hat sich also erhöht, aber es sind wieder zwei Siebenmeter und zwei gelbe Karten dazu gekommen. Klares Signal: Hier geht’s ab, es wird auf beiden Seiten mit maximalem Einsatz um den Sieg gekämpft. Die vorweihnachtliche Stimmung wird auf den ersten Adventssonntag verschoben.
Das 8:10 (18.) ist der erste Zwei-Tore-Umterschied in diesem rassigen Duell. Der TSV erhöht auf 8:11 (19.) und 9:13 (25.), muss aber kurz vor dem Halbzeitpfiff noch einen Gegentreffer schlucken. Davon unbeeindruckt erhöht der jetzt stark aufspielende Gast nach dem Pausentee quasi im Minutentakt auf 10:14 (28.), 11:15 (29.) und 12:16 (30.). Der Drops ist gelutscht …
… glaubt höchstens jemand, der vom Handball gar keine Ahnung hat. Und ganz im Gegenteil: Es geht erst richtig los. Rot-Malsch, bislang sehr konzentriert unterwegs, leistet sich eine Zeitstrafe, leichte Ballverluste und einige schlampige Abschlussversuche. Fast kommt es knüppeldick: Gelb, nein, doch zwei Minuten, plötzlich Rot. Rot? Die Karte wird zwar gezückt, dann doch wieder korrekterweise zurückgenommen. Aber die logische Konsequenz dieses insgesamt chaotischen Spielabschnitts ist das 16:16 (35.). Der TSV kontert mit dem 16:17 (35.) und schlittert dann in eine richtig katastrophal schwache Phase, in der überhaupt nichts mehr gelingen will: Ausgleich zum 17:17 (35.), dann 18:17, 19:17 (beide 36.) und 20:17 (37.). Geht das Spiel jetzt plötzlich den Bach runter? Trotz der irren Wendung und zuletzt 8:1 Toren für den Gastgeber fühlt sich diese Frage falsch an. Denn die Jungs haben, von diesen sieben fatalen Minuten abgesehen, schon bisher ein starkes Spiel gemacht und zeigen jetzt umso mehr, was wirklich in ihnen steckt.
Das 20:18 (38.) läutet die Trendwende ein, bis zum 20:20-Ausgleich wogt das Spiel hin und her und dauert es fast fünf Minuten (43.). Ein letztes Mal holt sich Nußloch mit dem 21:20 (44.) noch die Führung, dann gibt es für die Gastgeber ein Déja vu: Zwei Siebenmeter, dieses Mal binnen 79 Sekunden, stellen das Ergebnis auf 21:22 (46.). Brechen jetzt alle Dämme? Das 21:24 (47.) scheint darauf hinzudeuten. Doch weit gefehlt: Nußloch verkürzt noch zweimal auf zwei Tore Rückstand (48./49.) und kommt – nach einem ärgerlich-leichten Abspielfehler im Aufbau – 69 Sekunden vor dem Abpfiff auf ein einziges Törchen und 24:25 heran. Der Ausgleich schwebt in der Luft und da bliebe, siehe Quali, sogar noch Zeit, den Spieß ein letztes Mal komplett herumzudrehen. Aber der TSV bleibt erst cool, schafft das beruhigende 24:26 (50.) und gerät trotz einer weiteren Zeitstrafe nicht mehr in echte Bedrängnis. Das Siegertänzchen haben sich die Jungs absolut verdient. Kompliment für diese Leistung, die mit nur neun Spielern inklusive Torwart eingefahren wird – die drei für den Notfall „eingeflogenen“ C-Jugend-Spieler, die an diesem Tag schon eine anstrengende Partie hinter sich haben, dürfen sich darauf beschränken, die dichte Atmosphäre mitzuerleben. Böse ist sicher keiner, dass er in diesem brutal engen Duell nicht eingreifen muss.
Spannend wie in diesem Spiel ist auch die Konstellation in der Tabelle. Nach dem etwas höher ausgefallenen Sieg des TSV Rintheim bei der HG Oftersheim/Schwetzingen 2 (30:37) haben sowohl Rot-Malsch als auch Rintheim 16:0 Punkte – und das bei einer identischen Tordifferenz von plus 63 für beide Teams. Was wäre sinnvoller, als das Duell TSV gegen TSV am letzten Spieltag der Hinrunde über die Bühne gehen zu lassen? Das haben sich auch die Spielplaner des BHV gedacht und das Spitzenspiel für Samstag, 14. Dezember, 16.30 Uhr, in der Reblandhalle angesetzt. Rintheim hat davor noch eine Partie (gegen Wiesloch), Rot-Malsch darf am kommenden Wochenende ausruhen und Kräfte für den Showdown sammeln. Und Nußloch sieht man schon früh im neuen Jahr wieder, weil man sich im Leben manchmal auch dreimal trifft: Direkt nach der Weihnachtspause gibt es am Samstag, 11. Januar, 18 Uhr, in der Parkringhalle vielleicht gleich den nächsten Krimi. Beides streichen wir uns zur Sicherheit schon mal im Kalender dick an.
Es spielten: Andre Paris (Tor), Henrik Schwarz (3), Fabian Götz (2), Julius Gehring (5/4), Aaron Bohn (5/1). Jonas Fischer (2), Luis Förderer (3), Finnegan Rößler (6/4), Per Tauer, Leon Frank, Dominik Dillmann, Jakob Herrmann.
(Text & Fotos: Armin Rößler)